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ErschEinungstErmin: Ausgabe 3/4-2018
        mEdium: FRIEDHOF UND DENKMAL





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           DAsein – Künstlerische Positionen, Vorträge und Workshops zu den existenziellen Fragen
























           Der 9. August war ein wunderbarer Sommer-  „FORTsein“, „WEGsein“ ist einfach in unse-  Der „Erfinder“ der berühmtesten Zerstreu-
           abend unter Menschen: nicht lau, sondern   rem Zeitalter der permanenten Zerstreu-  ungsmaschine, des „iPhone“, das die Selbst-
           klar, konzentriert und bewusst. Christine   ung. Die vielfältigen Medientechnologien   verliebtheit im Namen trägt, hatte eine gera-
           und Bernd Foerster hatten gemeinsam mit   verleiten dazu, nicht HIER zu sein. Wie pas-  dezu zynisch kapitalistische Sicht auf Leben
           der Konzeptgruppe des Projekts „DAsein“   send, dass sich die Konzeptgruppe für den   und Tod. Der 2011 verstorbene Steve Jobs
           in ihr Domizil in Homberg/Efze eingeladen,   Titel „DAsein“ entschieden hat, bedeutet es   wurde am 7. August 2018 in der FAZ mit fol-
           und viele sind gerne gekommen. Unter der   doch, präsent zu sein: mit Körper, Geist und   gender Aussage zitiert: „Der Tod ist ziemlich
           Schirmherrschaft des Museums für Sepul-  Seele. Es gehört Mut und Kraft dazu, wirklich
           kralkultur fanden zwischen dem 10. und   gegenwärtig zu leben und sich nicht in Zer-  Abb. li.  Drei von fünf Diptichen zu  bekannten
           26. August eine Ausstellung und zahlreiche   streuung zu verlieren oder durch Konsum zu   Schriftstellerinnen von Dietlind Henss (Homberg/E.);
           Workshops, Vorträge, Performances und Kon-  betäuben. Im Angesicht des Todes wird dies   die Zeichnungen in der oberen Reihe wurden nach
           zerte statt. Es ging um nichts Geringeres als   am deutlichsten. Kein Verdrängen, kein Über-  Original- Totenmasken in der Ausstellung „Archiv
           um „Leben und Tod“ oder genauer formu-  spielen, kein Leugnen kann das Offensicht-  der Gesichter“ im Jahr 2000 im Museum für Sepul-
           liert: Essenz aller Begegnungen waren die   liche verbergen: Unser Leben ist verletzlich,   kralkultur gefertigt.
           existenziellen Fragen über unser Leben mit   und es ist endlich.  Abb. re.  Initiator des Projekts DAsein Bernd
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           dem Tod.                                        Foerster vor der Galerie Glashaus in Homberg/E.























                                        sicher die beste Erfindung des Lebens. Er   zum Nachfühlen, aber auch zum Nachma-  Abb. li.  Vier überlebensgroße Körperbilder von
                                        ist der Erneuerer des Lebens. Er räumt das   chen. Sie motivieren zu einer gestalterischen   Erhard Scherpf (Fotograf/Bad Zwesten) zu den
                                        Alte aus, um Platz zu machen für das Neue.“   Auseinandersetzung mit Vergänglichkeit     Themen Polytrauma, Krankheit und Alter,
                                        Menschen werden überflüssig wie technisch   und Endlichkeit. Das Projekt „DAsein“ hat in   Echtpigmentdrucke auf Leinwand
                                        veraltete Maschinen, und es ist gut, dass wir   alledem das Leben gefeiert, und das mag   (Aussenansicht der Galerie Glashaus)
                                        sterben? Das stellt eine Nützlichkeitslehre in   möglicherweise für viele Menschen paradox
                                        Reinform dar.            klingen. Doch nur wenn wir uns der eigenen   Abb. re.  Christine Reinckens (Kassel), Abschied,
                                        Die Menschen, die das Projekt „DAsein“   Endlichkeit stellen, können wir gegenwärtig   Öl auf Karton (Ausschnitt)
                                        entwickelten, die sich in ihren Kunstwerken   sein, also tatsächlich „DAsein“.
                                        offenbart haben, die Workshops leiteten und
                                        Vorträge hielten, taten dies, weil es ihnen   Dirk Pörschmann
                                        wichtig ist, existenzielle, menschliche und
                                        nicht funktionalistische Fragen zu stellen.
                                        Ihre Kunstwerke – also die vielfältigen Ge-
                                        mälde, Fotografien, Plastiken, Zeichnungen,
                                        Collagen, Reliefs, Installationen und Keramik-
                                        arbeiten haben angeregt: zum Nachdenken,
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