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ErschEinungstErmin: 19. August 2018
        mEdium: Glaube und Leben Kirchenzeitung für das Bistum Mainz





           Nummer 33  |  19. August 2018                BISTUM                                              15
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           Befreiender


           Blick auf


           den Tod



           Was passiert, wenn sich kreative Köpfe wie Künstler oder                         Diese Vogelfrau aus der griechischen
                                                                                           Mythologie  ist in der Ausstellung in der
           Fotografen mit Trauerbegleitern und Menschen aus                                Galerie Glashaus zu sehen. Geschaffen
           therapeutischen Berufen zusammentun? Und die existentiellen                     hat sie die Künstlerin und Psychologin
                                                                                           Barbara Beer aus Pappmaché und Farbe.
           Fragen stellen und darüber ins Gespräch kommen? In Homberg                      Das Wesen – Harpyie genannt – begleite-
           entstand daraus das Veranstaltungsprojekt „DAsein“.                             te die Toten ins Jenseits.  |  Foto: Projekt
                                                                                           DAsein
           VON HANS-JOACHIM STOEHR  nicht, dass ich nicht mit jemandem, der
                               dies nicht glaubt, ins Gespräch kommen
           Einer, bei dem die Fäden zusammenlau-  möchte.“ Wegen seiner christlichen Über-
           fen, wenn es um Konzept und Organisa-  zeugung ist das Ehepaar Foerster dankbar,
           tion der  Veranstaltung geht,  ist Bernd   dass die christlichen Kirchen das Projekt
           Foerster. Mit seiner Frau Christine be-  unterstützend begleiten.                ZUR SACHE
           treibt er in Homberg die „Galerie Glas-
           haus“.  Dort  finden  bis  26.  August  die   Kirchenferne Menschen
           Veranstaltungen von „DAsein“ statt.   können sich einbringen                     Pilotprojekt
            Beide beobachten, dass in der Gesell-
           schaft zunehmend Fragen nach dem Ster-  Dass die Ausstellung in der Galerie Glas-  Die Veranstaltung ist für Bernd
           ben, Leben und Tod, Trauer oder Aufer-  haus gezeigt wird und nicht in einem     Foerster ein Pilotprojekt, das auch
           stehung und Ewigkeit kaum noch gestellt   kirchlichen Raum, bietet für das Ehepaar   an anderen Orten für die jewei-
           werden. Viele Menschen wichen diesem   Foerster  die  Chance, dass auch Men-     lige Region organisiert werden
           Thema aus. Christine Foerster gibt ein   schen, die der Kirche fernstehen, sich   kann. „Unsere Veranstaltung kann
           konkretes Beispiel: „Wenn Leute einen   mit ihren Fragen einbringen und in ei-   sozusagen als Blaupause genutzt
           trauernden Menschen sehen, gehen sie   nen Austausch kommen. Bernd Foerster      werden. Wir bringen uns auch
           auf die andere Straßenseite. Sie wollen   verweist auf den Bistumsprozess Fulda   gern mit unseren Erfahrungen ein
           nicht damit konfrontiert werden, als habe   2030.  „Dort  ist  von  ,pastoralen  Orten‘   und erweitern die Konzeptgruppe
           die Person eine ansteckende Krankheit.   die Rede. Ich denke, dass die Galerie bei   mit jeweils regionalen Personen.“
                               der Ausstellung ein Beispiel für einen sol-                  Erste Überlegungen gibt es dazu
            Mit Besuchern reden                    chen zukünftigen Ort sein kann.“         für Fulda und Hanau.
            über Tod und Trauer  Christine Foerster ist Trauerbegleite-
                               rin. Sie ist eingebunden in den Förder-
           Mit  dem Projekt  wollen  die zehn Mit-  verein Trauerarbeit des Fuldaer Diöze-  Vorträge und
           glieder der Konzeptgruppe – sie stehen   santrauerseelsorgers Pfarrer Werner
           für  „DAsein“  –  dieses  Tabu  „aufbre-  Gutheil.  Aus  ihrer  Erfahrung  weiß  sie   Mitmachaktionen
           chen“. Sie wollen  die Fragen ins Ge-  um die befreiende Kraft, wenn Menschen
           spräch bringen, die die Menschen tief in   sich diesen existentiellen Fragen stellen.   Neben der Ausstellung gibt es
           ihrer Existenz berühren – bewusst oder   „Daraus entwickelt sich eine neue Frei-  während der gut zweiwöchigen
           unbewusst. „Wir haben schon lange das   heit. Die Angst vor dem Tod wird dem     Veranstaltung zahlreiche Vorträge,
           Bedürfnis, über das noch immer beste-  Menschen  nicht  genommen.“  Aber  sie    Workshops und ein Filmprojekt.
           hende Tabuthema Tod ein wegweisendes    erscheine in einem neuen Licht. Wichtig   Nicht in der Galerie, sondern
           Projekt zu machen“, meint Bernd Foers-  sei es, die Menschen mit einzubeziehen.  auf dem Marktplatz in der Altstadt
           ter. Sie hätten das dann als Idee in die   Christine Foerster ist an der Kunstaus-  von Homberg ist eine Mitmach-
           Künstlergruppe gegeben und seien dort   stellung  auch  mit  von  ihr  geschaffenen   aktion von Erhard Scherpf und
           auf große Resonanz gestoßen.  Bronzeplastiken beteiligt. Sie  hofft, dass        Stephan Küster. Auf vier großen
            Wichtig ist den Beteiligten, dass ein   die Ausstellung wie ein „Samen“ wirkt bei   Tafeln können Passanten  mit
           Austausch  mit  den  Besuchern  entsteht.   Besuchern, der aufgeht mit der Zeit. Für   Kreide den Satz vervollständigen:
           Dabei können alle Fragen gestellt werden.   sie steht fest: „Es gibt zwei Tore des Lebens:   „Bevor ich sterbe“.
           „Ich bin Katholik und in meinem Glauben   Die Geburt ist der Eingang ins Leben, der   Außerdem gibt es eine Postkar-
           beheimatet. Deshalb lebe ich aus der Hoff-  Tod der Ausgang. Und für Christen ist der   tenaktion, bei der die Menschen
           nung auf das ewige Leben. Das heißt aber   Tod Eingang in das ewige Leben.“      den besagten Satz auf einer
                                                                                            Postkarte fortsetzen. Es sei gar
                                                                                            nicht so einfach, so etwas schrift-
                                                                                            lich festzuhalten, findet Scherpf.
                                                                                            „Denn es hat wie der Tod etwas
                                                                                            Endgültiges.“
                                                                                             Die Künstlerin und Lehre-
                                                                                            rin Iris Kramer lädt unter dem
                                                                                            Motto „Glücksmomente“ zu einer
                                                                                            Aktion in einer Kindertagesstätte
                                                                                            und im Caritas-Altenpflegeheim
                                                                         Köpfe hinter dem DAsein-Projekt:   St. Marien ein.
                                                                       (von links) Christine Foerster, Bernd
                                                                       Foerster, Barbara Beer, Erhard Scherpf,   Das komplette Programm
                                                                       Stephan Küster, André Grabczynski, Iris   im Internet:
                                                                       Kramer und Dietlind Henss.  |  Foto:   www.da-sein-online
                                                                       Hans-Joachim Stoehr
            PERSONEN                                                           MEINUNG
            Offener Sarg mit      kam ihm in der Erinnerung an den Tod   ie genannt – begleitete die Toten ins   Gleiche     der Konzeptgruppe und
            Glasplatte regt zum   und die Bestattung seiner Mutter. „Sie   Jenseits. „Ich will diese alte Symbolik   die Künstler sind nicht alle
                               wollte einen ganz einfachen Sarg“,
                                                                                              katholische Christen. Aber sie
                                                   neu beleben und deuten“, sagt Beer.
                                                    Ebenfalls Skulpturen hat André
            Nachdenken an      erklärt er. Und die Leute sollten bei   Grabczynski geschaffen. Sie tragen   Fragen  beschäftigten die Fragen, die
                                                                                              auch uns Christen am Herzen
                               der Beerdigung kein Schwarz tragen.
                               Küster: „Wir haben den Sarg bunt   die Titel „Offenbarung“, „Auferste-  liegen: Leben und Tod, Trauer
            Einige der beteiligten Künstler erläu-  angemalt. Am Sarg lagen Zettel und   hung“ und „Erlösung“. Sie sollen auch   Die Kirche ist gut be-  und Hoffnung, Freude
            tern, was sie und warum sie es zeigen:  Stifte, auf denen alle etwas schreiben   zur Auseinandersetzung anregen. Auf   raten, sich künftig   und Leid, Vergäng-
            Erhard Scherpf ist seit Beginn am Pro-  konnten, was sie meiner Mama noch   weißen Bannern können Besucher   – vielleicht mehr   lichkeit und ewiges
            jekt beteiligt. Die Themen Krankheit,   sagen wollten. Die Zettel wurden dann   ihre Gedanken aufschreiben.  als bisher – nach   Leben. Auch ohne
            Trauer, Tod und Leben beschäftigen   in den Sarg getan und mit in die Erde   Zu ihren Bleistiftzeichnungen von   Bündnispartnern   Christ zu sein,
            den Fotografen seit langem. Fotogra-  gesenkt“. Bei der Ausstellung können   Totenmasken wurde Dietlind Henss   umzuschauen.
            fisch gibt er dem Ausdruck mit seinem   Besucher beim Blick in den Sarg auch   bei einer Ausstellung im Sepulkralmu-  Denn wie an-  Hans-Joachim Stoehr
            Beitrag „Körperbilder“. Darin geht es   Gedanken aufschreiben, die sie etwa   seum in Kassel angeregt. Dort wurden   ders will sie nach   Redakteur
            ihm darum, den nackten Körper in   einem Gestorbenen sagen möchten.   Totenmasken gezeigt. Die Künstlerin,   außen missionarisch
            seiner Verletzlichkeit zu zeigen, der   Die alten Mythen und Symbole zu   die auch Landschaftsarchitektin ist   aktiv werden? Die gute   merken sie: Den vielen
            angreifbar ist, weil unvollkommen.  Tod und Vergehen interessieren die   und Gedichte verfasst, hat sich Jahr-  Nachricht: Solche Partner   Menschen, die diese Fragen
             Stephan Küster stellt bei einer   Künstlerin und Psychologin Barba-  zehnte, wie sie sagt, mit dem Tod be-  gibt es. Ein Beispiel dafür ist   etwa nach Tod und Trauer
            weiteren Aktion in der Galerie einen   ra Beer. In der Ausstellung ist eine   fasst – ausgelöst etwa durch den Tod   das Veranstaltungsprojekt   nicht mehr stellen, sondern
            Sarg auf, der oben offen ist und von   Vogelfrau zu sehen. Das Wesen aus   ihrer Mutter bei einem Verkehrsunfall,   „DAsein“ in Homberg/Efze.   für tabu erklären, fehlt im
            einer Glasplatte bedeckt ist. Die Idee   der griechischen Mythologie– Harpy-  als sie elf Jahre alt war. (st)  Die beteiligten Mitglieder   Innersten etwas.
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