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ErschEinungstErmin: 5. August 2018
        mEdium: Bonifatiusbote Kirchenzeitung für das Bistum Fulda




            Nummer 31  |  5. August 2018                 BISTUM                                             15
                                                                                                             BB
            Befreiender


            Blick auf


            den Tod


            Was passiert, wenn sich kreative Köpfe wie Künstler oder                        Diese Vogelfrau aus der griechischen
                                                                                           Mythologie  ist in der Ausstellung in der
            Fotografen mit Trauerbegleitern und Menschen aus                               Galerie Glashaus zu sehen. Geschaffen
            therapeutischen Berufen zusammentun? Und die existentiellen                    hat sie die Künstlerin und Psychologin
                                                                                           Barbara Beer aus Pappmaché und Farbe.
            Fragen stellen und darüber ins Gespräch kommen? In Homberg                     Das Wesen – Harpyie genannt – begleite-
            entstand daraus das Veranstaltungsprojekt „DAsein“.                            te die Toten ins Jenseits.  |  Foto: Projekt
                                                                                           DAsein
            VON HANS-JOACHIM STOEHR  nicht, dass ich nicht mit jemandem, der
                                dies nicht glaubt, ins Gespräch kommen
            Einer, bei dem die Fäden zusammenlau-  möchte.“ Wegen seiner christlichen Über-
            fen, wenn es um Konzept und Organisa-  zeugung ist das Ehepaar Foerster dankbar,
            tion der  Veranstaltung geht,  ist Bernd   dass die christlichen Kirchen das Projekt
            Foerster. Mit seiner Frau Christine be-  unterstützend begleiten.               ZUR SACHE
            treibt er in Homberg die „Galerie Glas-
            haus“. Dort finden vom 10. bis 26. August   Kirchenfernen Menschen
            die Veranstaltungen von „DAsein“ statt.   können sich einbringen                 Pilotprojekt
             Beide beobachten, dass in der Gesell-
            schaft zunehmend Fragen nach dem Ster-  Dass die Ausstellung in der Galerie Glas-  Die Veranstaltung ist für Bernd
            ben, Leben und Tod, Trauer oder Aufer-  haus gezeigt wird und nicht in einem     Foerster ein Pilotprojekt, das auch
            stehung und Ewigkeit kaum noch gestellt   kirchlichen Raum, bietet für das Ehepaar   an anderen Orten für die jewei-
            werden. Viele Menschen wichen diesem   Foerster  die  Chance, dass auch Men-     lige Region organisiert werden
            Thema aus. Christine Foerster gibt ein   schen, die der Kirche fernstehen, sich   kann. „Unsere Veranstaltung kann
            konkretes Beispiel: „Wenn Leute einen   mit ihren Fragen einbringen und in ei-   sozusagen als Blaupause genutzt
            trauernden Menschen sehen, gehen sie   nen Austausch kommen. Bernd Foerster      werden. Wir bringen uns auch
            auf die andere Straßenseite. Sie wollen   verweist auf den Bistumsprozess Fulda   gern mit unseren Erfahrungen ein
            nicht damit konfrontiert werden, als habe   2030.  „Dort  ist  von  ,pastoralen  Orten‘   und erweitern die Konzeptgruppe
            die Person eine ansteckende Krankheit.   die Rede. Ich denke, dass die Galerie bei   mit jeweils regionalen Personen.“
                                der Ausstellung ein Beispiel für einen sol-                  Erste Überlegungen gibt es dazu
             Mit Besuchern reden                    chen zukünftigen Ort sein kann.“         für Fulda und Hanau.
             über Tod und Trauer  Christine Foerster ist Trauerbegleite-
                                rin. Sie ist im Bistum eingebunden in
            Mit  dem Projekt  wollen  die zehn Mit-  den  Förderverein  Trauerarbeit  von  Di-  Vorträge und
            glieder der Konzeptgruppe – sie stehen   özesantrauerseelsorger Pfarrer Werner
            für  „DAsein“  –  dieses  Tabu  „aufbre-  Gutheil.  Aus  ihrer  Erfahrung  weiß  sie   Mitmachaktionen
            chen“. Sie wollen  die Fragen ins Ge-  um die befreiende Kraft, wenn Menschen
            spräch bringen, die die Menschen tief in   sich diesen existentiellen Fragen stellen.   Neben der Ausstellung gibt es
            ihrer Existenz berühren – bewusst oder   „Daraus entwickelt sich eine neue Frei-  während der gut zweiwöchigen
            unbewusst. „Wir haben schon lange das   heit. Die Angst vor dem Tod wird dem     Veranstaltung zahlreichen Vorträ-
            Bedürfnis, über das noch immer beste-  Menschen  nicht  genommen.“  Aber  sie    ge, Workshops und ein Filmpro-
            hende Tabuthema Tod ein wegweisendes    erscheine in einem neuen Licht. Wichtig   jekt.
            Projekt zu machen“, meint Bernd Foer-  sei es, die Menschen mit einzubeziehen.    Nicht in der Galerie, sondern
            ster. Sie hätten das dann als Idee in die   Christine Foerster ist an der Kunstaus-  auf dem Marktplatz in der Altstadt
            Künstlergruppe gegeben und seien dort   stellung  auch  mit  von  ihr  geschaffenen   von Homberg ist eine Mitmach-
            auf große Resonanz gestoßen.  Bronzeplastiken beteiligt. Sie  hofft, dass        aktion von Erhard Scherpf und
             Wichtig ist den Beteiligten, dass ein   die Ausstellung wie ein „Samen“ wirkt bei   Stephan Küster. Auf vier großen
            Austausch  mit  den  Besuchern  entsteht.   Besuchern, der aufgeht mit der Zeit. Für   Tafeln können Passanten  mit
            Dabei können alle Fragen gestellt werden.   sie steht fest: „Es gibt zwei Tore des Lebens:   Kreide den Satz vervollständigen:
            „Ich bin Katholik und in meinem Glauben   Die Geburt ist der Eingang ins Leben, der   „Bevor ich sterbe“. Außerdem gibt
            beheimatet. Deshalb lebe ich aus der Hoff-  Tod der Ausgang. Und für Christen ist der   es eine Postkartenaktion, bei der
            nung auf das ewige Leben. Das heißt aber   Tod Eingang in das ewige Leben.“      die Menschen den besagten Satz
                                                                                             auf einer Postkarte fortsetzen.
                                                                                             „Das ist gar nicht so einfach, so et-
                                                                                             was schriftlich niederzuschreiben.
                                                                                             Denn es hat wie der Tod etwas
                                                                                             Endgültiges“, findet Scherpf.
                                                                                              Die Künstlerin und Lehre-
                                                                                             rin Iris Kramer lädt unter dem
                                                                                             Motto „Glücksmomente“ zu einer
                                                                                             Aktion in einer Kindertagesstätte
                                                                                             und im Caritas-Altenpflegeheim
                                                                         Köpfe hinter dem DAsein-Projekt:   St. Marien ein.
                                                                       (von links) Christine Foerster, Bernd
                                                                       Foerster, Barbara Beer, Erhard Scherpf,   Das komplette Programm
                                                                       Stephan Küster, André Grabczynski, Iris   im Internet:
                                                                       Kramer und Dietlind Henss.  |  Foto:   www.da-sein-online
                                                                       Hans-Joachim Stoehr
             PERSONEN                                                          MEINUNG
             Offener Sarg mit      kam ihm in der Erinnerung an den Tod   ie genannt – begleitete die Toten ins   Gleiche     der Konzeptgruppe und
                                                   Jenseits. „Ich will diese alte Symbolik
                                und die Bestattung seiner Mutter. „Sie
                                                                                               die Künstler sind nicht alle
             Glasplatte regt zum   wollte einen ganz einfachen Sarg“,   neu beleben und deuten“, sagt Beer.  katholische Christen. Aber sie
                                                                                               beschäftigten die Fragen, die
                                                    Ebenfalls Skulpturen hat André
                                erklärt er. Und die Leute sollten bei
             Nachdenken an      der Beerdigung kein Schwarz tragen.   Grabczynski geschaffen. Sie tragen   Fragen  auch uns Christen am Herzen
                                Küster: „Wir haben den Sarg bunt   die Titel „Offenbarung“, „Auferste-  liegen: Leben und Tod, Trauer
             Einige der beteiligten Künstler erläu-  angemalt. Am Sarg lagen Zettel und   hung“ und „Erlösung“. Sie sollen auch   Die Kirche ist gut be-  und Hoffnung, Freude
             tern, was sie und warum sie es zeigen:  Stifte, auf denen alle etwas schreiben   zur Auseinandersetzung anregen. Auf   raten, sich künftig   und Leid, Vergäng-
             Erhard Scherpf ist seit Beginn am Pro-  konnten, was sie meiner Mama noch   weißen Bannern können Besucher   – vielleicht mehr   lichkeit und ewiges
             jekt beteiligt. Die Themen Krankheit,   sagen wollten. Die Zettel wurden dann   ihre Gedanken aufschreiben.  als bisher – nach   Leben. Auch ohne
             Trauer, Tod und Leben beschäftigen   in den Sarg getan und mit in die Erde   Zu ihren Bleistiftzeichnungen von   Bündnispartnern   Christ zu sein,
             den Fotografen seit langem. Fotogra-  gesenkt“. Bei der Ausstellung können   Totenmasken wurde Dietlind Henss   umzuschauen.
             fisch gibt er dem Ausdruck mit seinem   Besucher beim Blick in den Sarg auch   bei einer Ausstellung im Sepulkralmu-  Denn wie an-  Hans-Joachim Stoehr
             Beitrag „Körperbilder“. Darin geht es   Gedanken aufschreiben, die sie etwa   seum in Kassel angeregt. Dort wurden   ders will sie nach   Redakteur
             ihm darum, den nackten Körper in   einem Gestorbenen sagen möchten.   Totenmasken gezeigt. Die Künstlerin,   außen missionarisch
             seiner Verletzlichkeit zu zeigen, der   Die alten Mythen und Symbole zu   die auch Landschaftsarchitektin ist   aktiv werden? Die gute   merken sie: Den vielen
             angreifbar ist, weil unvollkommen.  Tod und Vergehen interessieren die   und Gedichte verfasst, hat sich Jahr-  Nachricht: Solche Partner   Menschen, die diese Fragen
              Stephan Küster stellt bei einer   Künstlerin und Psychologin Barba-  zehnte, wie sie sagt, mit dem Tod be-  gibt es. Ein Beispiel dafür ist   etwa nach Tod und Trauer
             weiteren Aktion in der Galerie einen   ra Beer. In der Ausstellung ist eine   fasst – ausgelöst etwa durch den Tod   das Veranstaltungsprojekt   nicht mehr stellen, sondern
             Sarg auf, der oben offen ist und von   Vogelfrau zu sehen. Das Wesen aus   ihrer Mutter bei einem Verkehrsunfall,   „DAsein“ in Homberg/Efze.   für tabu erklären, fehlt im
             einer Glasplatte bedeckt ist. Die Idee   der griechischen Mythologie– Harpy-  als sie elf Jahre alt war. (st)  Die beteiligten Mitglieder   Innersten etwas.
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